Erdbeben in der Türkei - Prof. Norbert Gebbeken erklärt, warum die Katastrophe vermeidbar gewesen wäre

10.02.2023

Bei dem entsetzlichen Erdbeben in der Türkei und in Nordsyrien haben Zigtausende Menschen ihr Leben und viele Millionen ihr Zuhause verloren, zigtausende Häuser sind eingestürzt.

Grund für das verheerendste Erdbeben der letzten Jahrzehnte in dieser Gegend sind, darüber sind sich viele Experten in aller Welt einig, neben der explosiblen Stärke dieses Bebens vor allem elementare Versäumnisse der türkischen Politik, die das Land nicht gründlich genug auf eine solche Katastrophe vorbereitet habe. 

Dabei hätte das furchtbare Ausmaß dieser Katastrophe durch gezieltes erdbebensicheres Bauen verhindert werden können. So meinte zumindest Professor Dr.-Ing. Norbert Gebbeken von der Bundeswehruniversität München in zahlreichen Medieninterviews, in denen er darauf hinwies, dass die Türkei über eine große wissenschaftlich und praktisch sehr fundierte Expertise bezüglich des erbebensicheren Bauens verfüge. Beispielsweise habe die Türkei auf diesem Gebiet die besten Experten der Welt an ihren Hochschulen und in der Praxis. Auch seien die türkischen Erdbebennormen auf dem neuesten Stand.

Offensichtlich wird aber, so sagte Gebbeken, „nicht so gebaut, wie es diese Vorschriften vorgeben“. Beispiele für Bauten türkischer Ingenieure in aller Welt und noch gefährdeteren Gebieten zeigten nämlich, dass es in der Türkei „Fachleute und ausführende Firmen gibt, die sehr gut in der Lage sind, erdbebensicher zu bauen“.

Um vorhandene Regeln für das Bauen durchzusetzen, brauche es aber ein funktionierendes System der Bauüberwachung. Dieses existiert, so Gebbeken, in der Türkei aber nicht. 

Gebbeken wies in diesem Zusammenhang auf das sogenannte Vier Augen-Prinzip hin, das sich in Deutschland seit hundert Jahren bewährt habe. Im Rahmen der bautechnischen Prüfung wird mit diesem Prinzip, so Gebbeken, die Übereinstimmung von Planung und Ausführung auf der Baustelle durch unabhängige Experten, den Prüfingenieuren für Bautechnik, überprüft und überwacht. Auch für das Bauen im Bestand gelte, insbesondere mit Blick auf das Gefahrenpotential durch Erdbeben, dass jeder Umbau einer statischen Überprüfung unterzogen werden muss.